Von kalten Füssen und brennenden Waden

...zwischen diesen Schneemauern, habe ich mein Nachtlager aufgeschlagen
...zwischen diesen Schneemauern, habe ich mein Nachtlager aufgeschlagen

Über Kiruna hatte ich im Vorfeld schon einiges gelesen und ich wollte mir diese Stadt, die als flächenmässig die grösste Stadt der Welt gilt, doch genauer anschauen- Natürlich auch weil mich die Thematik des Erzabbaus interessiert. Nun, dass sie schön sei, wird niemand behaupten können. Und es geht eine seltsame, irgendwie schaurige Faszination von dieser Stadt aus, die nach dem "Schneehuhn" (Kiruma ist das samische Worte für Schneehuhn) benannt ist. Auf jeden Fall habe ich mich dann doch nicht so lange dort aufgehalten. Weiter gewandert bin ich. Dies müssen auch viele Stadtbewohner tun, zumindest einige Kilometer. Denn die von diesem gigantischen Erzbergwerk unterminierte Stadt, droht zu versinken. Es ist beschlossene Sache, dass das „alte“ Kiruna einige Kilometer nordwestlich am Hang des Berges Luassavaara neu aufgebaut wird.

Ja, sie hat wirklich wenig Anziehendes diese Stadt und es war mir sofort wieder wohler, als ich wieder durch die einsame Tundra und die Polarwälder fuhr. Es war wirklich eine sagenhafte Genussfahrt bis nach Riksgränsen. Die Schweden haben so saubere und schöne Strassen, perfekt asphaltiert und breit angelegt. Wenngleich es ein sehr steiler Abschnitt war. Ich bin aber gemütlich im kleinsten Gang den Berg hinaufgekrochen. Habe die schneebedeckten Berge betrachtet und mich an den eisbedeckten Seen gefreut. Noch viel Schnee liegt dort auf dem Pass und es war so richtig kalt. Trotzdem habe ich dort mein Nachtlager aufgeschlagen. Trotz einer zusätzlichen Decke, hatte ich kalte Füsse. Viel kälter dürfte es nicht mehr werden, sonst müsste ich in der Nacht jeweils aufstehen und mich bewegen.

Nicht gefroren haben anscheinend einige junge Männer, die einen riesen Spass mit ihren Schneemobilen hatten. Sie sind über die Hänge und den gefroren See gerast und haben sich so richtig ausgetobt. Bis Mitternacht dauert dieses Spektakel und der Lärm schallte von den Hängen zurück und noch lange hing der schwere Gestank der Abgase in der Luft. Mittlerweile weiss ich auch, dass wohl in vielen dieser Anhänger die durchs Land gezogen werden, eben so eine Snowcat versteckt ist.

Nachdem es am Vorabend noch klar und schön war, war heute am Morgen die Gegend trübe und vom Nebel behangen. So habe ich mir auf dem Gaskocher einen heissen Kaffee und Frühstück gemacht und bin bald weiter, um über die Grenze nach Norwegen zu gelangen. Und gleich schon hinter der Grenze änderte sich das ganze Landschaftsbild. Ich bin schon vorgewarnt worden. Schroffe Felsen ragen neben der Strasse auf, und auch der Strasse merkt man an, dass sie ständig hartem Wetter und Frost ausgesetzt ist. So viele grosse, ja riesige und „ausgeschwenzte“ (Anmerkung Mona: das bedeutet wohl ausgewaschenene ;-) ) Löcher zieren den Asphalt hier. Ich musste extrem vorsichtig und langsam fahren, um ja kein zu grosses Loch zu erwischen. Ich konnte also den strengen Aufstieg vom Vortag, nicht mit einer rasanten Schussfahrt belohnen. Die Strasse ist schlimmer als in Tschechien. Und genauso so ruppig, wie nun die Felsen und die Strasse sind, ist nun auch der Wind. Ich musste das Dach mit zwei zusätzlichen Seilen sichern. Zweimal hätte es mir eine starke Windböe, fast aus der Halterung gerissen und weggetragen. Ich habe fast ein bisschen Angst bekommen, dass ich bei einem dieser heftigen Windstösse, das Dach verliere.

...Ofotfjord

Da ich mich in Kiruna nicht so lange aufgehalten habe, bin ich den Umweg nach Narvik gefahren und wollte dort ein bisschen beobachten wie das Erz verladen wurde. Die Anfahrt wurde aber zu einer kleinen Tortur. Immer wieder geht es so steil hinauf, dass mir der kleinste Gang fast nicht reicht, und dann ebenso steil wieder hinunter. Und rauf, und runter. Und natürlich gibt es keine Fähre über den Ofotfjord, so dass ich den ganzen Weg dann auch wieder zurück musste. Aber Narvik war recht interessant, ich kann ja jeweils lange zuschauen, wenn so interessante Dinge passieren, wie ein Erzverlad.

Und in einem schönen Laden, in dem ich Briefmarken und Postkarten kaufte, traf ich auf einen Italiener aus dem Friaul. Mit 18 ist er hergekommen und lebt nun schon seit 50 Jahren in Narvik. Es ist recht interessant, nördlich des Polarkreises italienisch zu sprechen. Und auf einmal ist mir klar geworden, wie viel leichter ich mich tue, mich auf italienisch zu verständigen, als in „den anderen Sprachen“, die ich hier spreche um mich zu verständigen. Fühlte mich fast wie zu Hause, wie wir uns da bei einem Kaffee so nett austauschen.

Aber schon war ich wieder auf der löchrigen Berg- und Talbahnstrasse unterwegs. Ich werde mir das mal so ein bis zwei Tage anschauen, langsam tun und genau überlegen, ob ich unter diesen Voraussetzungen wirklich ganz an die Spitze der Lofoten hinausfahre. Ich bin in Sorge, dass mir irgendwann ein Rad wegbricht und auch meine Beine schaffen das nicht. Ich will das Velomobil einfach nicht überstrapazieren, (und mich auch nicht!). Mit einem gefederten Mountainbike, wäre das eher machbar. Ich muss sagen, für den Regen und den Wind, ist das Velomobil ideal, aber nicht für Löcherpisten. Ich habe heute wirklich alles gegeben, so dass mir die Waden brennen, aber ich habe wohl kaum 80km gemacht. Jetzt habe ich es verdient mich gut auszuruhen. Gute Nacht.

 

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