So muss sich der Weihnachstmann fühlen

 

Nachdem ich es wirklich sehr schön hatte am Nordkap, bin ich dann doch am 04.06. so gegen 14.00h wieder losgezogen. Habe die unendlichvielen Berg- und Talfahrten überwunden, und bin bis kurz vor dem Eingang in den langen Tunnel gefahren. Damit ich am kommenden Morgen, in voller Frische, die anstrengenden 6.8 km unter dem Meer hindurchtrampeln kann, habe noch vorher mein „Biwak“ aufgeschlagen.

Naja, im Prinzip muss ich mich ja bloss in den Schlafsack ein mümmeln, und die Klappe zu machen. ;-)

 

Es ist augenfällig und offensichtlich, dass jene Teile des Strassennetzes, welche jährlich von abertausenden Touristen befahren werden, oder jene in den Hafengegenden, in einem ausgezeichneten Zustand sind. Sobald man aber zum Beispiel hier in der „Nordkapp Commune“ diese Route verlässt, das heisst, den Hafen, in welchem die Hurtigruten-Schiffe ankommen, oder den Flughafen passiert hat, der Asphalt wieder rauer wird, die Löcher nicht mehr geflickt werden und eben wohl einfach das Geld fehlt, um die den extremen Elementen ausgesetzten Strassen, in perfektem Zustand zu halten. Allerdings ist eben diese Route, wo plötzlich kaum mehr Busse, die sonst im Viertelstundentakt an mir vorbeidonnerten, und nur noch vereinzelt mal ein Auto oder ein Fahrrad kreuzt, vom Ausblick her, meine absolute Lieblingsstrecke. Ich mag diese Felsformationen, den Blick in die Weite übers Meer, mit den verschneiten Bergketten so sehr. Und mit den Rentieren und ihren Jungen hier, bin ich nun auch per Du. Es ist so wunderschön, ihnen beim abgrasen des noch spärlichen frischen Grüns, der Moose und Flechten zuzusehen. Zuzuschauen, wie die Jungen herumtollen und wie die Mütter so sorgsam schauen, dass sie auch ja hinterherkommen. Ich habe dann auch eine kleine Wanderung unternommen, und habe mich ein wenig abseits der Strasse umgeschaut. Die Felsen bestaunt und mich zur Abwechslung mal eine Weile aufrecht intensiv bewegt. Und glücklich wie ich war, wurde ich auch fündig und habe weitere kleine Rentiergeweihe gefunden, die wohl im letzten Herbst abgeworfen wurden. Bei den Rentieren tragen ja die Männlichen und die Weiblichen Tiere ein Geweih, wobei jenes der Weibchen deutlich kleiner ausfällt. Sie sind dem hochnordischen Lebensraum perfekt angepasst. Weit gestellte Beine, übergrosse, tiefgespaltene Hufe, die sie weit spreizen können, um in den Sümpfen, Mooren und auch im tiefen Schnee, sicher auftreten zu können. Sie sind immer in Bewegung, immer auf Wanderschaft und dies tun sie in einem zügigen Passgang. So richtig rennen oder galoppieren können sie nicht. Dafür boten sie mir ein lustiges Beispiel, wie toll und ausdauernd sie traben können.

 

Was habe ich gelacht.

 

Als ich nämlich wieder mit dem Velomobil weiterzog, wollte bald einmal eine Gruppe von etwa 15 Tieren, vor mir die Strasse überqueren. Das war auf jeden Fall mein Gedanken, aber wer kennt sich schon aus, was ein Rentier denkt. Irgendwie haben sie es aber nicht geschafft, nur zu queren, sondern sind dann auf der Strasse vor mir hergelaufen. Mit ihrem charakteristischen Klackgeräuschen, welches die Hufe produzieren, sind sie mit einem Abstand von 2-3 Metern minutenlang vor mir her geplattelt.-  Es fehlten nur die rote Nase des vordersten Rentiers und die Zügel und ich hätte glatt als eine moderne Version des Weihnachtsmannes durchgehen können. Bart habe ich ja unterdessen! (Ich hätte auch nichts dagegen, wenn ich hie und da ein wenig gezogen würde.)

Ach hätte ich doch die Gopro bereit gehabt. Einen riesen Spass hatte ich mit dieser Gruppe.   

 

Ja, es gefällt mir besonders gut hier.

 

Dennoch musste ich mich dann noch vom Meer verabschieden. 14 Tagen lang, führte mich mein Weg viele Male am Meer entlang, an den Fjorden und den steilen und schroffen Küstenfelsen vorbei. Wurde auf den löchrigen Pisten durchgeschüttelt und ich verwünschte die vielen Anstiege, und die Abfahrten, an denen ich es nicht gehen lassen konnte. Die Erinnerung an die zauberhafte und mystische Landschaft überwiegt aber, und es tut mir weh, mich vom Nordmeer zu verabschieden.

 

 

Ziemlich erstaunt bin ich allerdings, wie weit der Frühling hier in Lakselv nun plötzlich fortgeschritten ist. Erstaunlich mild ist es. In den letzten Tagen war die Strasse fast immer von Schnee und Eis gesäumt und hier sind die Bäume bereits in einem zarten grün überzogen und auch das Gras hat bereits Farbe. Nun fahre ich also in die Wärme, und werde mir wohl noch das eine oder andere Mal wünschen, dass ich mich mit einer Handvoll Schnee vom Strassenrand ein wenig abkühlen könnte.

 

Mein nächster Abschnitt wird wohl auch wieder steil werden. Auf der Karte sehe ich aber nur die Höhenmeter, die ich bis aufs Plateau schaffen muss, nicht aber Höhenkurven oder Serpentinen. Ich gehe also davon aus, dass in kurzer Strecke viele Höhenmeter zu überwinden sind. Nun, ich werde es langsam angehen, und es dann geniessen, wenn ich auf dem Plateau angekommen bin.

 

Liebe Grüsse in die Heimat

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