Kosovarische Gastfreundschaft in Schweden

Ich sende Euch einen Gruss in ganz toller Stimmung, und ich tue mich fast schwer, in Worte zu fassen, was ich heute Abend erlebt habe.

 

Aber ein bisschen der Reihe nach. In den letzten Tagen, bin ich zwar gut vorangekommen, aber ich muss sehr konzentriert sein. Es ist zwar hier in Schweden nicht wirklich flach, und immer wieder muss ich langgezogene Hügel hinauffahren, aber es ist längst nicht so eine Schinderei wie in Norwegen. Und ich kann sagen, dass ich es „ohne Schmerzen“ bewältigen kann. Was viel Konzentration von mir abverlangt, ist die Strasse. Man kann auf dem Bild gut erkennen, wie wenig Platz mir auf der Seite bleibt, damit ich kein Hindernis darstelle, und ich sicher vorankomme. Nicht einfacher wird es einem gemacht, da die Randstreifen als Rüttelstreifen gestaltet sind. Sicher machen diese für die allgemeine Verkehrssicherheit Sinn, aber für mich bedeutet es höchste Konzentration, exakt zu fahren, damit ich nicht bis zum Abend zu Mus gerüttelt bin.

 

In Örnskölldvik wurde ich kaum dass ich die Stadt verlassen habe, von einem Auto überholt und später auf einen Parkplatz gelotst. Ein Journalist, der mich um ein Interview bat und fragte, ob er für die Zeitung ein paar Bilder machen dürfe. Natürlich. Er konnte kaum verstehen, dass ich das Velomobil, nicht nur als Gefährt während des Tages benutze, sondern es auch umbaue und in der Nacht darin schlafe. Und dies für mich sogar sehr gut geht. Ich musste ihm dann auch alles zeigen, und erklären, wie der Umbau vonstatten geht. Allerdings merke ich schon, dass hier das Interesse an der Tour und dem Gefährt, viel grösser ist, als dass ich versuche, der Tour eine grössere Tiefe zu geben, indem ich für die NOMA Hilfe fahre. Trotzdem hoffe ich, dass die Botschaft, dass es Noma nach wie vor gibt, beim einen oder anderen ankommt. Und wie ich so den ganzen Tag, diesem Gedanken ein wenig nachhing, wie wenig sich bisher am Spendentachometer bewegt hat, war dann doch die Freude riesengross, als ich am Abend feststellte, dass zwei grössere Spenden hereingekommen sind. Im Namen von NOMA, danke ich dafür recht herzlich.

 

Jetzt gegen Abend, war die Strasse aber wieder für Fahrräder, Landwirtschaftliche Fahrzeuge, etc., gesperrt und ich musste sie verlassen und mir den Weg anderweitig suchen. An der ersten Kreuzung musste ich aber anhalten, und mal die Karte zu Rate ziehen, wie es denn am besten weiter geht. Nicht lange stehe ich, da gesellt sich ein radfahrendes Paar aus Deutschland zu mir, das sich auch über die Karte beugt, und so kommen wir in ein nettes Gespräch. Bald müssen sie aber zügig weiter ziehen, denn im Gegensatz zu mir, müssen sie sich eine Unterkunft suchen. Ich habe ja ein Dach über den Kopf, habe diese Mühe mit Unterkunft suchen oder Zelt aufstellen nicht, denke ich mir jedes Mal, wenn andere in diesen Stress geraten. Dass ich heute Abend, aber gar nicht in meinem Velomobil schlafen werde (ganz im Gegensatz, wie ich es dem Journalisten so überzeugend erklärt habe) und meinen Kopf auf ein weiches Kissen lege, und nicht nur einfach ein Dach über dem Kopf habe, sondern in einer Villa nächtige, das hätte ich da auch noch nicht gedacht.

 

Als sich zwei junge Männer und deren Vater zu mir gesellten, und mich ein wenig über das Velomobil ausfragten, habe ich mir noch nichts dabei gedacht. Schon oft erlebte ich diesen Tech-Talk, aber ich muss auch zugeben, dass es mir jedes Mal Freude macht, ein bisschen zu berichten. Es stellte sich heraus, dass der Vater Naim, recht gut deutsch spricht, und so war mir das Gespräch auch recht einfach. Nun denn, nach einiger Zeit verabschiedeten wir uns und fuhren alle unseres Weges.

 

Nicht weit kam ich allerdings. Schon nach 15 Minuten, im nächsten Dorf, steht einer der Jungs am Strassenrand und entschuldigt sich. „Sie hätten es versäumt mich vorhin einzuladen, und sie würden mir gerne ein Abendessen, eine Dusche und ein Zimmer für die Nacht anbieten.“ Ich bin ganz verwirrt, dass es sowas gibt, nehme aber gerne an. Und wie ich dort empfangen wurde und welch wunderschönes Haus,… Es stellt sich heraus, dass die Familie ursprünglich aus dem Kosovo stammt und 4 Töchter (schon aus dem Haus), sowie zwei Söhne hat.

Ich kam mir vor, wie ein Königskind. Meine Kleider werden mir gewaschen, Ersatzkleider für den Abend wurden mir herausgesucht, ich konnte ausgiebig duschen, ein köstliches Abendessen wurde mir aufgetischt, … und wir hatten super schöne, lustige und gemütliche Gespräche. Das Haus haben sie selber renoviert und es ist wunderschön. Ein bisschen erschrocken ist allerdings die Mutter, als sie um 21:30 von der Arbeit kam, und das Velomobil in ihrem Garten stehen sah. Sie habe mich schon gestern irgendwo gesehen, und gar ein Foto gemacht, und nun steht das Teil bei ihr vor dem Haus? Aber auch sie freute sich einfach, dass ich da war.

Und so flattert nun meine Wäsche im Garten an der Leine, ich bin in einem luxuriösen Zimmer untergebracht und liege seit vielen Tagen, das erste Mal wieder in einem Bett und bin so verwirrt und aufgedreht, von dieser herzlichen Familie, die mich so liebevoll aufgenommen hat. Ich werde wohl kaum schlafen können,… naja vielleicht doch.

 

Lieber Naim, liebe Mahije, lieber Martir, lieber Epidam. Ich kann nur DANKE, DANKE, DANKE sagen, für diese herzliche und freundliche Aufnahme. Es ist eine Ehre für mich, Euch kennengelernt zu haben. Ich bin überwältigt von Eurer Freundlichkeit.

 

Und ich habe mir schon Gedanken gemacht, was ich weiterhin im Blog mitteilen könnte. Natürlich habe ich Freude am immer wieder grandiosen Ausblick, über das Meer, verliere meinen Blick in rauschenden Flüssen, oder lache über Frösche die tollpatschig umherhüpfen oder staune über Vögel, die in der Nähe von mir durch die Luft sausen. Vielseitig sind meine Freuden. Aber die Freude, die mir die Begegnungen mit den Menschen schenken, geht mir am Tiefsten. Diese Gastfreundlichkeit, die Lebensmittelgeschenke, dieser liebe Umgang mit unbekannten Menschen, dieses Wohlgesonnen sein gegenüber Fremden,… Es ist einfach eine bessere Welt, wenn man so viel Wohlwollen erfährt. Und das ist eben im auch ein Beitrag für NOMA.

 

Von dieser Freude die ich erlebe, möchte ich Euch auch etwas schicken.

 

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